ZUSAS Zentrum für USA-Studien an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
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MZ        26. Januar 2009, WBG

http://www.mz-web.de/artikel?id=1229852976319


Was kann Barack Obama?

In der Evangelischen Akademie befassten sich 100 Menschen mit dem neuen US-Präsidenten

von IRINA STEINMANN

Wittenberg/MZ. Grundsatzkritiker sind auch da. Die Befassung mit Barack Obama zeuge von einem "unreflektiert grassierenden Rassismus" an der Evangelischen Akademie, hat jemand auf ein Blatt geschrieben, das neben vielen anderen an der Wünsch-dir-was-von-Obama-Pinnwand hängt; das Interesse am neuen US-Präsidenten, kritisiert die Person, mache sich allein an der "Hautfarbe" fest. Das ist natürlich Unsinn, was den Rassismus-Vorwurf anlangt - und trifft doch den Kern der Veranstaltung.

"Wird der Traum jetzt Wirklichkeit? Martin Luther King und die neue Regierung Barack Obama", lautet nämlich der Titel der ersten großen Akademie-Tagung 2009, die mit dieser Frage eine direkte Linie zieht von der US-Bürgerrechtsbewegung der 1960er zum Einzug des ersten Nicht-Weißen ins Weiße Haus. Über diese Linie wird viel gestritten werden an diesem Samstag. Was zum Beispiel, fragt Hans-Jürgen Grabbe, hat ein komplett auf der - stark asiatisch geprägten - Insel Hawaii aufgewachsener Intellektuellen-Sohn einer weißen Mutter und eines (abwesenden) kenianischen Vaters mit dem wortgewaltigen Prediger ("I have a dream") aus der Zeit der Rassenunruhen gemein? Außer der Hautfarbe "sehr wenig", findet der Amerikanistik-Professor aus Wittenberg. "Barack Obama ist kein Kind der Bürgerrechtsbewegung - die Bürgerrechtsbewegung hat ihn adoptiert."

Damit handelt sich der Professor und Leiter des Zentrums für USA-Studien an der Martin-Luther-Universität in Halle temperamentvolle Kritik ein. Seine US-Kollegin Susan Neiman veranschlagt Obamas zeitweilige Tätigkeit in der Sozialarbeit deutlich stärker als ein Zeichen des Dienstes am Nächsten, für die Verwirklichung der Ideale der Bürgerrechtsbewegung. Ein "naiv klingender Idealismus" verbinde Obama und King miteinander, sagt Neiman, heute Direktorin des Potsdamer Thinktanks "Einstein Forum" - und in Kindertagen mit der Familie King befreundet. "Ich war am Tag nach dem Attentat bei ihnen." (Martin Luther King wurde am 4. April 1968 von einem weißen Rassisten erschossen.)

Das Fortschreiten der Geschichte zeigen indes vielleicht am besten zwei Fotos, die Grabbe zum Abschluss seines detailreichen Vortragsritts durch die schwarz-weiß gespaltenen USA der 60er Jahre präsentiert: der Ball zur Amtseinführung Eisenhowers mit Gattin 1953, flankiert am Rand von zwei schwarzen Pagen, und der des 44. Präsidenten und seiner Frau Michelle. Die Schwarzen sind ins Zentrum gerückt. Und die beiden Obamas stehen den Eisenhowers in der modisch zur Schau getragenen Pracht der Macht in nichts nach.

Was Barack Hussein Obama nun mit dieser Macht anfängt, war die aktuellere Fragestellung auf der Podiumsdiskussion, zu der man sich weitere Experten geladen hatte: Karsten Voigt, Koordinator der Bundesregierung für deutsch-amerikanische Zusammenarbeit und Sozialdemokrat, US-Generalkonsulin Katherine Brucker aus Leipzig und Attac-Aktivist Pedram Shahyar. Tiefe Gräben tun sich auf zwischen den Diskutanten, die sich immerhin in dem Punkt einig sind, dass die Wahl Obamas Anlass zur Hoffnung gibt. Etwas farblos bleibt, als offizielle Repräsentantin der Weltmacht, Katherine Brucker: Nun könne "jedes Kind in den USA nach den Sternen greifen". Deutlich tougher geht ihre Landsfrau Neiman zu Werke. Mit Obama lasse sich wieder "fortschrittliche Politik verwirklichen". Neiman ist die einzige, die das Wort Guantánamo in den Mund nimmt; die geplante Schließung bleibt Nebensatz. Globalisierungskritiker Schahyar, als Kind vor den Mullahs aus dem Iran geflüchtet, macht aus seinem Grundmisstrauen gegenüber den USA ("Rom") keinen Hehl, hofft aber, dass mit dem Neuen nach "30 Jahren" des "Neoliberalismus" und "Imperialismus" eine "Wende" in der Weltordnung eingeleitet wird.

Emotionslos begutachtet Transatlantik-Experte Voigt die neue Lage. Obama verkörpere jenen "Teil" der amerikanischen Idee, "mit der sich Europa identifizieren kann". Und "die Amerikaner wissen jetzt wieder, dass sie für das Gute stehen". Was, so Voigt, in letzter Konsequenz bedeute, dass auch ein Präsident Obama "im Zweifel Militär einsetzen wird" – auch ohne Zustimmung des Restes der Welt.

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